Der Bericht enthält wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen für die Landesregierung, mit der sie in der nächsten Legislaturperiode die hessische Wirtschaft bei der Digitalisierung, bei der Dekarbonisierung sowie bei der Bewältigung des demographischen Wandels und der Folgen des geopolitischen Systemwettbewerbs bestmöglich unterstützen kann. Schon beim zweiten Wirtschaftsgipfel im vergangenen August hatte der Zukunftsrat einen Zwischenbericht mit ersten Ideen und Impulsen vorgestellt, die nun auch in den Abschlussbericht eingeflossen sind.
„Der Hessische Zukunftsrat Wirtschaft hat wahrlich Beeindruckendes geleistet. Er hat in sehr kurzer Zeit ein außergewöhnliches Werk mit einer Vielzahl an konkreten, innovativen und pragmatischen Maßnahmen vorgelegt, die die Zukunftsfähigkeit der hessischen Wirtschaft und des ganzen Landes stärken können“, sagten Ministerpräsident Boris Rhein und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und betonten außerdem: „Mindestens genauso bemerkenswert ist, dass die Vorschläge in weitgehendem Konsens verabschiedet worden sind. Das ist gerade mit Blick auf die vielfältigen im Gremium vertretenen Interessen eine enorme Leistung. Wir danken den Ratsmitgliedern ausdrücklich für ihr großes Engagement, mit dem sie sich um die Zukunft Hessens verdient gemacht haben.“
Der Zukunftsrat sieht Hessen als starken und innovativen Wirtschaftsstandort mit außerordentlich hoher Lebensqualität und besten Voraussetzungen, um die aktuellen Krisen zu überwinden und von den großen Zukunftstrends zu profitieren. Er plädiert für eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, um mit Kreativität, Pragmatismus und Gestaltungswillen gemeinsam die Herausforderungen zu meistern.
Neues Wirtschaftswachstum und gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit
Die rund 430 Handlungsempfehlungen und Vorschläge im Hessischen Zukunftsbericht Wirtschaft zielen darauf ab, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, um Wirtschaftswachstum zu generieren und die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Wirtschaft zu steigern. Vor allem schlägt der Rat der künftigen Landesregierung vor:
- die hessischen Interessen bei der Gestaltung des Ordnungsrahmens auf nationaler und internationaler Ebene besser durchzusetzen,
- den Staat leistungsfähiger und serviceorientierter zu machen,
- die Netzinfrastrukturen der Zukunft bedarfsorientiert auszubauen,
- alle in- und ausländischen Potenziale zur Deckung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs auszuschöpfen und
- die Innovationsfähigkeit der hessischen Wirtschaft sowie ihre Resilienz zu erhöhen.
„Die herausragende Arbeit des Hessischen Zukunftsrates Wirtschaft hat einmal mehr gezeigt, was möglich ist, wenn wir in Zeiten großer gesellschaftlicher Veränderungen den Dialog miteinander suchen“, sagte Ministerpräsident Rhein und fügte an: „Wir werden auch in Zukunft in hohem Wohlstand und in Sicherheit leben und arbeiten. Dafür müssen wir aber Strukturreformen angehen, um nicht nur Hessen, sondern ganz Deutschland krisenfest und zukunftssicher zu machen. Das gelingt uns nur mit einer wachsenden Wirtschaft im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Die konstruktiven Vorschläge des Hessischen Zukunftsrates Wirtschaft sind dafür beispielgebend.“
„Der Bericht gibt uns auf jeder Seite Anlass zur Zuversicht“, sagte Wirtschaftsminister Al-Wazir. „Er belegt, dass wir alles haben, um die großen Herausforderungen zu bewältigen: die Energie, das Wissen, die Fähigkeiten und den Mut, neue Wege zu gehen. Hessen wird sich fortentwickeln – und zwar so, dass alle davon profitieren und niemand zurückbleibt. Wir wollen den Strukturwandel hin zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Wirtschaftsweise erfolgreich gestalten und seine großen Chancen bestmöglich nutzen. Dafür werden die nächsten fünf Jahre entscheidend sein.“
Gemeinsam wirtschaftlichen Wandel aktiv gestalten
Der politisch unabhängige Hessische Zukunftsrat Wirtschaft war auf dem ersten Hessischen Wirtschaftsgipfel im vergangenen März unter dem Vorsitz von Dr. Marie-Luise Wolff, Vorstandsvorsitzende der Entega AG in Darmstadt, und Prof. Volker Wieland, geschäftsführender Direktor des Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) an der Frankfurter Goethe-Universität, gegründet und beauftragt worden, Handlungsempfehlungen für die Landesregierung zu entwickeln, um die politisch-ökonomischen Weichen für ein modernes Hessen von morgen zu stellen.
„Die Handlungsempfehlungen des Hessischen Zukunftsrates sind nun komplett, der Abschlussbericht liegt vor. Gemeinsam haben wir relevante Themen aufgelistet, die das Land Hessen zukunftsfester machen können. Insofern hoffen wir, dass einige Anregungen Bestandteil der Koalitionsverhandlungen werden“, sagte Dr. Marie-Luise Wolff und ergänzte: „Hessen resilient aufstellen heißt, aus den aufgedeckten Schwachpunkten der Polykrise lernen, die Erneuerbaren Energien als Basis für wirtschaftlichen Erfolg erkennen, geschützte Datenräume schaffen, um dem Cyber-War endlich etwas entgegenzusetzen und die Lieferketten neu ausrichten. Dabei ermöglichen funktionierende Rohstoffkreisläufe mehr Unabhängigkeit von Drittstaaten und sind gelebter Ressourcenschutz. Ein weiteres zentrales Thema ist sicher die Bildung, denn umfassend ausgebildete Menschen sind unsere Zukunft, beginnend bei den Schulkindern, über die verstärkte Gewinnung von Frauen in Vollzeitpositionen bis zur gezielten Zuwanderung von Fachkräften. Digitalisierung und der Netzausbau bleiben eine Kernaufgabe. Richtig gemacht lässt sich damit Energie und Geld sparen. Finanzielle Landesmittel sollten wir auf die Sektoren des Forschungs- und Industriestandortes konzentrieren. Bei allem bleiben die Umwelt-Katastrophen unsere Mahnwache, beim Klimaschutz nicht nachzulassen. Der EU-Emissionshandel wird nur dann wirksam das Klima schützen können, wenn wir die Reduzierung der Zertifikate und die Auszahlung des Klimageldes als zwei Seiten einer Medaille begreifen.“
Angebotsorientierte Politik ist notwendig
„Die deutsche Wirtschaft schrumpft, Energiekrise und Inflation reduzieren die realen Einkommen, die Industrie lahmt schon seit Jahren. Gleichzeitig stellen längerfristige Trends wie der demografische Wandel, die angestrebte Dekarbonisierung und die vergleichsweise zögerliche Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland in Frage. Es muss jetzt umfassend und zügig gehandelt werden. Eine angebotsorientierte Politik ist notwendig. Im Auftrag der hessischen Landesregierung hat der Zukunftsrat Wirtschaft konkrete, praktische Handlungsempfehlungen für unser Bundesland entwickelt. Das hat durchaus Vorbildcharakter für andere“, sagte Prof. Volker Wieland. Das Maßnahmenbündel solle helfen, die Chancen der Digitalisierung besser zu ergreifen, bürokratische Hemmnisse abzubauen, Rahmenbedingungen für mehr Innovation und Wachstum zu setzen, die Dekarbonisierung pragmatisch, effizient und effektiv voranzutreiben, Energieangebot und Energieeffizienz zu verbessern, Bildung, Ausbildung und Weiterbildung nachhaltig zu stärken, inländische Arbeitskräftepotenziale mehr auszuschöpfen sowie Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Wieland betonte weiter: „Der Standort Hessen hat Stärken als zentraler Verkehrs-, Daten-, Handels- und Finanzstandort mit einer exportorientierten Industrie. Dem Wettbewerb und Strukturwandel kann man aber nicht aus dem Weg gehen. Es gilt ihn zu nutzen, um bestehende Stärken auszubauen und die Entwicklung neuer Stärken zu ermöglichen. Dafür braucht Hessen eine leistungsfähige, serviceorientierte Verwaltung, eine pragmatische Regulierung und einen investitionsfreundlichen, innovationsfördernden, technologieoffenen Ordnungsrahmen, der den Wettbewerb schützt. Der Bericht des Zukunftsrates liefert vielfältige Ansatzpunkte, um diese Ziele noch besser zu erreichen.“
Der Hessische Zukunftsbericht Wirtschaft sei eine Zukunftsagenda für mehr Wachstum und Wohlstand in Hessen, die das Regierungshandeln in der nächsten Legislaturperiode prägen werde, sagte Ministerpräsident Rhein. „Es war wichtig und richtig, einen neuen Dialog mit Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft angestoßen zu haben. Denn eines bleibt ganz klar: Nur gemeinsam können wir den wirtschaftlichen Wandel aktiv gestalten und zukunftsträchtige Rahmenbedingungen für ein modernes Hessen von morgen setzen.“