Sozial- und Integrationsministerin Heike Hofmann hat im Rahmen einer Pressekonferenz den Hessischen Integrationsmonitor 2024 vorgestellt. Die Fortschreibung des Datenwerks, die alle zwei Jahre erfolgt, zeigt, dass sich die Zuwanderung nach Hessen weiterhin auf sehr hohem Niveau bewegt. 2022 kamen so viele Menschen nach Hessen wie nie zuvor: So erreichte der Wanderungssaldo einen historischen Höchststand von knapp 130.000 Zuzügen. „Während sich soziale Integration und Teilhabe in vielen Bereichen erfreulich entwickeln, müssen wir bei bestimmten Indikatoren in den Themenfeldern Bildung und Arbeit allerdings eine Stagnation feststellen, die auch im Kontext der starken Zuwanderung zu sehen ist“, sagte Hofmann in Wiesbaden.
Die Landesregierung beleuchtet mit dem Integrationsmonitor neben den strukturellen Bereichen Bildung und Arbeit auch soziale, kulturelle und Aspekte der Identifikation. Dazu zählen unter anderem Sprachkenntnisse, Kontakte zur Mehrheitsgesellschaft und das Zugehörigkeitsgefühl zu Deutschland. „Die Daten, die unser Monitoring liefert, stechen bundesweit hervor, da sie detaillierter und umfassender als andere Integrationsmonitore sind. Sie zeigen: die Vielfalt in Hessen wächst“, so Ministerin Hofmann.
Demografische Situation in Hessen
In Hessen leben heute etwa 2,4 Millionen Menschen mit einem sog. Migrationshintergrund. [1] Seit 2005 ist ihre Zahl um knapp eine Mio. Menschen gewachsen, ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung stieg von 24 auf 38 Prozent. Mehr als die Hälfte der unter 18-jährigen Hessinnen und Hessen hat einen Migrationshintergrund, d.h., sie selbst oder mindestens ein Elternteil sind zugewandert. Integrationsministerin Hofmann betont: „Gerade seit 2009 wächst die Zuwanderung stark und übersteigt die Abwanderung, so dass sich ein positiver Wanderungssaldo ergibt. Wir als Aufnahmegesellschaft stehen besonders mit Blick darauf in der Verantwortung, dass Zugewanderte hier ankommen können, sich in Hessen wohl und zu Deutschland zugehörig fühlen, aber auch, dass ihre Kinder hier gleiche Chancen erhalten.“ Im Hinblick auf den weiter anhaltenden völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ergänzte die Ministerin, dass Daten zur besonders großen Gruppe von Geflüchteten aus der Ukraine in der Fortschreibung erstmalig in einem Exkurs Berücksichtigung finden.
Identifikation mit Deutschland
Die Ministerin zeigt sich erfreut, dass sich Personen mit Migrationshintergrund mehrheitlich mit Deutschland verbunden fühlen (54 Prozent). Ein Drittel fühlt sich Deutschland und dem jeweiligen Herkunftsland gleichermaßen zugehörig und nur rund zehn Prozent empfinden eine stärkere Verbundenheit mit ihrem Herkunftsland (bzw. dem Herkunftsland der Eltern).
Der Integrationsmonitor zeigt aber auch erneut, dass Hessinnen und Hessen zunehmend wachsenden Rassismus als Problem fürchten. Im Jahr 2021 machten sich 88 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund und sogar 90 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund Sorgen über Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass – dies sind 23 bzw. 14 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2011. Gleichwohl gaben 2022 zwei Drittel der Befragten mit Migrationshintergrund an, in den vergangenen fünf Jahren „gar nicht“ aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert worden zu sein, 23 Prozent „eher wenig“, 7 Prozent „eher stark“ und 5 Prozent „sehr stark“. Im Vergleich zu 2020 haben Diskriminierungserfahrungen dennoch leicht zugenommen.
Der Hessische Integrationsmonitor bildet seit 2010 im zweijährigen Turnus die Entwicklung von Integration und Teilhabe ab. Kein anderes Land erarbeitet eine solch tiefgehende und detaillierte wissenschaftliche Betrachtung im Bereich Migration/Integration. Der Monitor zeigt Fortschritte bei der Teilhabe auf und weist auf Handlungsbedarfe hin. Die Fortschreibung der aktuellen Auflage umfasst mehr als 120 Indikatoren aus über 30 Datenquellen, die auf Daten amtlicher Statistiken und sozialwissenschaftlicher Befragungen basieren.
Ausblick
Der Integrationsmonitor 2024 legt wie vorherige Berichte dar, dass sich die Unterschiede in vielen Bereichen – von Bildung über Einkommen bis zur Gesundheit – zwar verringern, dass zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund nach wie vor aber deutliche Unterschiede bestehen. Der Bericht zeigt, dass dies auch auf die anhaltend starke Zuwanderung zurückzuführen ist. „Die Lücken zwischen den Ergebnissen für die Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund verkleinern sich zwar in vielen Bereichen, schließen sich aber nicht“, so Ministerin Hofmann. „Das ist in einer Zuwanderungsgesellschaft wie unserer nicht überraschend, denn stetig stehen die neu zugewanderten Menschen erst am Anfang des Integrationsprozesses. Erfreulich ist, dass sich gesellschaftliche Teilhabe tendenziell verbessert, je länger Zugewanderte hier leben. Integrationspolitik bleibt aber nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden Zuwanderung eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe.“
Die hessische Landesregierung fördert Integration und Teilhabe von Zugewanderten und ihren Kindern neben einer großen Zahl an Maßnahmen vor allem durch das Landesprogramm „WIR – Vielfalt und Teilhabe“. Seit 2020 hat das Land die Mittel für das Programm noch einmal deutlich auf jetzt rund elf Mio. Euro erhöht. Am 3. Juli hatte Integrationsministerin Hofmann im Schloss Biebrich 30 im Rahmen des WIR-Programms tätige Integrationslotsen für ihr ehrenamtliches Engagement geehrt. Mit dem Programm „MitSprache – Deutsch4U“ fördert das Ministerium Sprachkurse für Zugewanderte im Jahr 2024 mit einer Summe von vier Millionen Euro.
[1] Hierbei handelt es sich um einen statistischen Begriff für Personen, die selbst zugewandert sind oder mindestens einen zugewanderten Elternteil haben. Er ist nicht deckungsgleich mit dem neuen hessischen Konzept der Menschen mit Migrationsgeschichte.
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